Leberschäden durch Arzneimittel (DILI)

Leberschäden durch Arzneimittel („Drug induced liver disease“, DILI) sind verhältnismässig selten, für die meisten Medikamente gilt, dass nur bei jedem 10.000 bis 100.000sten Menschen, der dieses Präparat einnimmt, ein relevanter Leberschaden auftritt. Wahrscheinlich wird diese Zahl aber unterschätzt, da vermutlich einige Fälle nicht erkannt werden. Neuere populationsbasierte Untersuchungen haben ein Auftreten von Leberschäden durch Arzneimittel in 14 bzw. 19 auf 100.000 Einwohner pro Jahr gezeigt.  Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Schädigungsmechanismen, die zu DILI führen können. Auf der einen Seite die direkte Vergiftung durch eine zu hohe Dosis des Medikaments, und auf der anderen Seite die viel häufigere Schädigung durch eine Medikamentenüberempfindlichkeit (idiosynkratische Reaktion). Das typische Medikament, welches durch eine zu hohe Dosis zu einer Schädigung führt, ist Paracetamol (Acetaminophen). Wird eine Überdosis eingenommen, kann dies innerhalb von kurzer Zeit (Latenzzeit wenige Tage) zu einem akuten Leberversagen führen. Bei den Medikamentenüberempfindlichkeiten reicht das Spektrum von einer leichten Erhöhung der Leberwerte, welche den Patienten möglicherweise gar keine Beschwerden machen, bis hin zu einer schweren Hepatitis mit Gelbfärbung der Augen und Haut, die in einem Leberversagen münden kann. Die Latenzzeit, das heisst die Zeit von Beginn der Einnahme des Medikaments bis zum Auftreten von DILI, kann mehrere Wochen bis Monate, in Einzelfällen auch Jahre, betragen. In manchen Fällen gehen die Leberschäden durch Medikamentenüberempfindlichkeit auch mit allergischen Symptomen einher.

Die häufigsten Auslöser von DILI durch Überempfindlichkeitsreaktionen sind Antibiotika und nichtsteroidale Entzündungshemmer (z.B. Ibuprofen, Diclofenac). Aber auch pflanzliche Präparate und Nahrungsergänzungsmittel können ursächlich für DILI sein. Es ist daher sehr wichtig, dem behandelnden Arzt alle Medikamente und Präparate anzugeben. Die Diagnose eines medikamentösen Leberschadens ist nicht einfach zu stellen, zunächst müssen viele andere Lebererkrankungen wie beispielsweise eine Virushepatitis, ausgeschlossen werden. Es gibt keinen Labortest, durch den man einen Leberschaden durch ein bestimmtes Medikament nachweisen könnte.

Symptome

Tritt eines der folgenden Symptome während einer Therapie mit Medikamenten auf, informieren Sie ihren Arzt darüber: Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Schmerzen im Oberbauch, Gelenkbeschwerden, Muskelschmerzen, Juckreiz, Hautrötung, Gelbsucht, Stuhlentfärbung sowie Urin-Dunkelfärbung. In manchen Fällen können auch allergische Symptome wie Hautausschlag und Schwellung der Lymphknoten auftreten. In sehr schweren Fällen, bei einem Leberversagen, kommt es zu Verwirrtheit bis hin zum Koma.

Prävention

Medikamentösen Leberschäden durch eine Überempfindlichkeitsreaktion treten meist unter einer normalen Dosis auf, die Einnahme einer Überdosis ist nicht notwendig. Ob es zu einer medikamentösen Schädigung kommt ist sehr schwierig vorherzusagen, da viele unterschiedliche Faktoren (Medikamentenfaktoren, Umweltfaktoren, genetische Faktoren) eine Rolle spielen. Das Immunsystem scheint bei diesen Medikamenten-Reaktionen von grosser Bedeutung zu sein. Treten nach Einnahme eines neuen Medikaments oben genannte Symptome auf, sollten sie dies ihrem behandelnden Arzt berichten.

Dagegen ist bei der direkten Vergiftung die Höhe der Dosis entscheidend. Bei einer Überdosis des Schmerzmittels Paracetamol kann es innerhalb weniger Tage zur Entwicklung eines akuten Leberversagens kommen. Bei Patienten in sehr schlechtem Ernährungszustand oder bei Alkoholabhängigkeit kann selbst eine normale Dosis zu einem Leberversagen führen.

Im Allgemeinen ist es ratsam, den Beipackzettel der Arzneimittel zu lesen. Da sind Anmerkungen zur Einnahme und Dosierung zu finden. Ob bei der Einnahme mehrerer Medikamente Wechselwirkungen auftreten können, sollte mit dem behandelnden Arzt abgeklärt werden (gilt auch bei Naturheilmitteln). Es ist wichtig, dass zumindest ein Arzt über alle Ihre Medikamente Bescheid weiss.

Behandlung

Die Arzneimittel abzusetzen ist in den meisten Fällen die geeignete Massnahme. Je schneller auf Symptome reagiert wird, umso besser. Allerdings sollten Medikamente erst nach Rücksprache mit einem Arzt abgesetzt werden, dies gilt besonders für wichtige Medikamente wie z.B. Blutdrucksenker oder Antiepileptika. In den meisten Fällen kommt es nach Absetzen zu einer spontanen Erholung. Eine gesunde Lebensweise, inklusive Verzicht auf Alkohol, ist dabei auf jeden Fall vorteilhaft. Bei einer Medikamenten-Überdosis ist dringend das nächste Spital aufzusuchen. Bei einer Vergiftung durch eine Überdosis Paracetamol muss rasch das Medikament N-Acetylcystein über die Vene verabreicht werden, eine stationäre Behandlung und Überwachung ist erforderlich. Bei einem akuten Leberversagen ist in seltenen Fällen unter Umständen sogar eine Lebertransplantation notwendig.

Die wichtigsten Laborwerte der Leberpatienten - verständlich erklärt
Toxische Leberschäden durch Arzneimittel (DILI): Interview mit PD. Dr. med. Christoph Jüngst

Toxische Leberschäden durch Arzneimittel (DILI): Interview mit PD. Dr. med. Christoph Jüngst

«Was sind Leberschäden durch Arzneimittel (DILI)?» Dr. Jüngst unterscheidet zwei Kategorien von DILI und zwar Überdosierung und Überempfindlichkeitsreaktionen. Häufigkeit und schwerwiegende Symptome zeigen weiter auf, wie wichtig eine gute Absprache mit dem Hausarzt und Eigenverantwortung sind. Weitere Informationen:https://www.swisshepa.org/lebererkrankungen/leberschaeden-durch-arzneimittel/

Toxische Leberschäden durch Arzneimittel (DILI): Referat von PD. Dr. med. Christoph Jüngst

Toxische Leberschäden durch Arzneimittel (DILI): Referat von PD. Dr. med. Christoph Jüngst

«Was sind toxische Leberschäden durch Arzneimittel (DILI)?» DILI gibt es selten, aber öfter als gedacht, was immer mehr Studien belegen, bestätigt uns Dr. Jüngst. Schlüssel für die richtige Therapie sind Diagnose, Ausschlussdiagnose, die DILI – Prognose (z.B. durch Hy’s Law) und die Bestimmung der Risikofaktoren. Es wird empfohlen, eine entsprechende Meldung an Swissmedic zuerst mit…