Stoffwechsel-bedingte steatotische Lebererkrankung MASLD (früher NAFLD/NASH)
Von einer steatotischen Leber spricht man, wenn der Körper zu viel Fett in den Leberzellen lagert. Der Begriff «steatotisch» kommt aus dem Griechischen (stear = Fett) und beschreibt medizinisch korrekt die Einlagerung von Fett in Leberzellen. Sind davon mehr als 5% der Leberzellen betroffen, so liegt eine sogenannte steatotische Lebererkrankung vor.
Zahlreiche Faktoren können zur Entstehung einer solchen steatotischen Lebererkrankung beitragen, unter anderem Krankheiten wie Diabetes und Übergewicht, bestimmte Medikamente, hormonelle Faktoren wie eine Unterfunktion der Schilddrüse oder bestimmte Nahrungsbestandteile wie gesättigte Fettsäuren oder Alkohol. Bei einigen Betroffenen spielen auch mehrere Faktoren eine Rolle. Eine genaue Bestimmung der zugrundeliegenden Ursachen ist daher der erste Schritt und wichtiger Bestandteil in der Abklärung der steatotischen Lebererkrankung. Eine körperliche Untersuchung ist hier genauso wichtig wie eine genaue Erfassung der Lebens-, Ernährungs- und Trinkgewohnheiten.
Neue Bezeichnung und Klassifikation der Stoffwechsel-bedingten steatotischen Lebererkrankung
Liegen metabolische Erkrankungen, wie etwa Übergewicht, Diabetes oder Bluthochdruck, zusammen mit einer steatotischen Leber vor, so spricht man von einer metabolischen oder Stoffwechsel-bedingten steatotischen Lebererkrankung (MASLD; Englisch: metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease). Diese neue Bezeichnung hat 2024 die frühere Terminologie abgelöst und wird nun international von allen führenden Fachgesellschaften verwendet.
In der Vergangenheit wurde die Erkrankung meist als nicht-alkoholische Fettlebererkrankung bezeichnet (NAFLD; Englisch: non-alcoholic fatty liver disease). Dabei wurde diese Diagnose gestellt bei Vorliegen einer steatotischen Leber nach Ausschluss eines erhöhten Alkoholkonsums. Bei Vorliegen einer zusätzlichen Entzündung der Leber sprach man von der nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH; Englisch: non-alcoholic steatohepatitis). Diese Begriffe werden heute durch MASLD und MASH (metabolic dysfunction-associated steatohepatitis) ersetzt.
Die neue Klassifikation berücksichtigt, dass enge Zusammenhänge zwischen der steatotischen Lebererkrankung und anderen Stoffwechselerkrankungen bestehen. Inzwischen geht man davon aus, dass es sich bei der Stoffwechsel-bedingten steatotischen Lebererkrankung um eine Leberbeteiligung des metabolischen Syndroms (Vorliegen mehrerer Stoffwechselerkrankungen) handelt. Ein wichtiger Unterschied zur früheren Definition ist, dass moderater Alkoholkonsum nicht mehr automatisch zum Ausschluss der Diagnose führt. Stattdessen gibt es eine neue Kategorie namens MetALD (MASLD mit moderatem Alkoholkonsum) für Personen, die sowohl metabolische Risikofaktoren als auch einen gewissen Alkoholkonsum aufweisen.
Häufigkeit dieser Lebererkrankung
Die steatotische Lebererkrankung ist auf der ganzen Welt sehr weit verbreitet und hat sich zur häufigsten chronischen Lebererkrankung entwickelt. Aktuelle Studien zeigen, dass mehr als 30% der Weltbevölkerung betroffen sind. In der Schweiz ist rund ein Viertel der Allgemeinbevölkerung von der steatotischen Lebererkrankung betroffen. In Deutschland und weiteren europäischen Ländern sind diese Zahlen ähnlich. Beunruhigend ist dabei eine deutliche Zunahme der Erkrankung über die letzten Jahrzehnte, die parallel zur Zunahme von Übergewicht, Diabetes und anderen Stoffwechselerkrankungen verläuft.
Häufig leiden Menschen ab dem mittleren Lebensalter – Frauen insbesondere nach der Menopause – unter der steatotischen Lebererkrankung. Es gibt jedoch Studien, die darauf hindeuten, dass auch bereits viele Jugendliche von der Erkrankung betroffen sind. In einer aktuellen Studie aus den USA lag eine steatotische Lebererkrankung bei mehr als jedem fünften Jugendlichen in der Allgemeinbevölkerung vor. Als Ursache gilt generell ein inaktiver Lebenswandel mit Bewegungsmangel, ungesunder Ernährung und Übergewicht. Letzteres stellt den grössten Risikofaktor für die Stoffwechsel-bedingte steatotische Lebererkrankung dar, es können jedoch auch normalgewichtige Personen betroffen sein. Zudem leiden fast drei Viertel der Menschen mit Diabetes mellitus an einer zusätzlichen steatotischen Lebererkrankung. In einigen Fällen spielen auch zusätzliche Faktoren wie etwa eine Viruserkrankung der Leber, Hormonstörungen oder Medikamente, eine Rolle.
Verlauf der Stoffwechsel-bedingten steatotischen Lebererkrankung
Häufig liegt eine Stoffwechsel-bedingte steatotische Lebererkrankung bereits über viele Jahre vor, bevor dies bemerkt wird. Während die Krankheit selbst in diesem frühen Stadium kaum Beschwerden verursacht, ist das Risiko für schwere Herz- und Kreislauferkrankungen, wie etwa Herzinfarkte (sog. kardiovaskuläres Risiko), jedoch bereits erhöht. Tatsächlich sind kardiovaskuläre Ereignisse die häufigste Todesursache bei Menschen mit MASLD, noch vor leberbedingten Komplikationen.
Zudem führt die steatotische Lebererkrankung zu entzündlichen Veränderungen in der Leber, wobei eine ausgeprägte Entzündung in der steatotischen Leber als Steatohepatitis (MASH) bezeichnet wird. Durch diese Entzündung werden Leberzellen geschädigt und es bilden sich Narben in der Leber. Diese Vernarbung bezeichnet man als sogenannte Leberfibrose, welche bis hin zur Leberzirrhose (vollständige Vernarbung) fortschreiten kann. Bei Vorliegen einer Leberzirrhose steigt das Risiko für Leberzellkrebs (hepatozelluläres Karzinom HCC). Bei der Stoffwechsel-bedingten steatotischen Lebererkrankung kann Leberzellkrebs jedoch auch auftreten, bevor eine Zirrhose vorliegt. Die Leberzirrhose ist eine schwerwiegende Erkrankung, die neben dem Leberkrebs viele weitere lebensbedrohliche Komplikationen hat. Eine enge ärztliche Anbindung mit Einbezug eines Leberspezialisten ist deshalb schon frühzeitig notwendig, um schwere Verläufe vermeiden zu können.
Symptome
Die Stoffwechsel-bedingte steatotische Lebererkrankung verläuft zunächst häufig unbemerkt und verursacht meist wenige, manchmal sogar gar keine Symptome. Ein Druckgefühl im rechten Oberbauch, Völlegefühl, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen können vorkommen. Diese Symptome treten häufiger bei Vorliegen einer zusätzlichen Entzündung der steatotischen Leber (MASH) auf.
Sogar eine fortgeschrittene Vernarbung der Leber (Leberfibrose) und Leberzirrhose können lange unbemerkt bleiben, da Symptome häufig unspezifisch sind. So äussert sich die Erkrankung oft mit vermehrter Müdigkeit oder Juckreiz. Eine gelbe Verfärbung von Haut oder Augen (sog. Ikterus), eine rasche Zunahme des Bauchumfangs mit Bauchwasser (sog. Aszites), gehäufte Infekte, starke Müdigkeit und Verwirrtheit sowie eine vermehrte Blutungsneigung geben Hinweis auf einen schweren Verlauf und sollten umgehend ärztlich abgeklärt werden.
Diagnose und Früherkennung
Die Diagnose einer MASLD erfolgt heute nach einem strukturierten Ansatz. Häufig wird eine Steatose (Fetteinlagerung) der Leber als Zufallsbefund während einer Ultraschalluntersuchung des Bauches festgestellt. Erhöhte Leberwerte im Blut können ein Hinweis für eine steatotische Lebererkrankung mit Entzündung sein, nicht selten sind die Werte jedoch auch völlig unauffällig oder nur gering erhöht.
Aktuelle Leitlinien empfehlen ein gezieltes Screening bei Risikopatient:innen, insbesondere bei Menschen mit Typ-2-Diabetes, Adipositas (BMI ≥30 kg/m²) oder metabolischem Syndrom. Für die Diagnose einer MASLD müssen neben der hepatischen Steatose mindestens einer der folgenden kardiometabolischen Risikofaktoren vorliegen: Übergewicht oder Adipositas, Typ-2-Diabetes, arterielle Hypertonie, Dyslipidämie oder metabolisches Syndrom.
Um die genaue Diagnose stellen zu können und das Ausmass der Leberveränderungen zu bestimmen, bedarf es oft weiterer Untersuchungen. Hilfreich sind spezielle nicht-invasive Tests wie der FIB-4-Score oder eine spezielle Festigkeits- und Steatosemessungen der Leber mittels Ultraschall (sog. Fibroscan), wodurch Steatose und Verhärtung der Leber durch Vernarbung genauer bestimmt werden können. Bei unklaren Befunden kann eine Gewebeentnahme aus der Leber (sog. Leberbiopsie) notwendig sein. Im entnommenen Gewebe können Leberzellen mit Fetteinlagerungen, Entzündung und Vernarbung unter dem Mikroskop dargestellt werden. Dies erlaubt oft eine genaue Einteilung des Krankheitsstadiums sowie den Ausschluss anderer Lebererkrankungen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung der MASLD hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Während lange Zeit keine spezifischen medikamentösen Therapien verfügbar waren, gibt es nun erste zugelassene Medikamente (bisher aber nicht in der Schweiz) und vielversprechende Therapieansätze.
Medikamentöse Therapie
Seit 2024 ist mit Resmetirom das erste spezifisch für MASH zugelassene Medikament in den USA verfügbar. Es ist für Patient:innen mit nicht-zirrhotischer MASH und signifikanter Leberfibrose (Stadium F2 oder höher) zugelassen. Für Patient:innen im zirrhotischen Stadium gibt es derzeit noch keine spezifische medikamentöse MASH-Therapie, jedoch werden verschiedene Medikamente in klinischen Studien untersucht.
Zusätzlich haben sich bestimmte Medikamente, die ursprünglich für Diabetes und Adipositas entwickelt wurden, als hilfreich bei MASLD erwiesen. Dazu gehören GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid und Tirzepatid, die nicht nur den Blutzucker senken und beim Gewichtsverlust helfen, sondern auch positive Effekte auf die Leber haben können. SGLT2-Inhibitoren können bei Patient:innen mit Typ-2-Diabetes ebenfalls vorteilhaft sein.
Lebensstilmassnahmen
Lebensstilmassnahmen bleiben die Grundlage jeder MASLD-Behandlung und sind oft sehr erfolgreich und nebenwirkungsarm. Durch eine Gewichtsreduktion von 7-10% des Körpergewichts bei übergewichtigen und von 3-5% bei normalgewichtigen Betroffenen kann die Krankheit deutlich gebessert oder – insbesondere in frühen Stadien – sogar vollständig geheilt werden.
Diese Gewichtsreduktion sollte durch eine gesunde, ausgewogene Ernährung mit Reduktion der täglich verzehrten Kalorienmenge sowie vermehrter körperlicher Aktivität erfolgen. Empfohlen wird eine mediterrane Ernährungsweise mit viel Gemüse, Vollkornprodukten, gesunden Fetten und mässigem Konsum von magerem Fleisch und Fisch. Bereits kleine Veränderungen, wie etwa der Verzicht auf gesüsste Getränke und Säfte oder Treppensteigen anstatt Aufzugfahren, können viel bewirken.
Bei grösseren Umstellungen sollten jedoch allenfalls vorliegende Erkrankungen, insbesondere Herzerkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes, beachtet werden. Es ist daher sinnvoll, grössere Lebensstiländerungen mit dem Hausarzt, Diabetolog:innen, Herz- oder Leberspezialist:innen vorgängig zu besprechen.
Alkoholkonsum
Bezüglich Alkoholkonsum hat sich das Verständnis mit der neuen MASLD-Definition geändert. Während früher jeglicher Alkoholkonsum zur Ausschlussdiagnose führte, wird das heute differenzierter betrachtet. Bei moderatem Alkoholkonsum (bis zu 20-50g täglich bei Frauen, 30-60g bei Männern) spricht man von MetALD. Dennoch wird eine Reduktion oder in fortgeschrittenen Stadien der vollständige Verzicht auf Alkohol empfohlen, da Alkohol die Leberschädigung verstärken kann.
Bariatrische Chirurgie
Bei Patient:innen mit MASLD und schwerer Adipositas kann eine bariatrische Chirurgie (Adipositaschirurgie) eine Option sein. Diese kann nicht nur zu erheblichem Gewichtsverlust führen, sondern auch die Leberveränderungen deutlich verbessern. Sorgfältige Vorabklärungen sind jedoch unabdingbar, da sich nicht alle Betroffenen für eine Operation eignen.
Gefährdung durch Stoffwechsel-bedingte steatotische Lebererkrankung
Trotz des häufig symptom- und beschwerdearmen Verlaufs ist die Stoffwechsel-bedingte steatotische Lebererkrankung gefährlich. Das grösste Risiko besteht erstaunlicherweise nicht in leberbedingten Komplikationen, sondern in kardiovaskulären Vorfällen. Die meisten Todesfälle unter Patient:innen mit steatotischen Lebererkrankungen sind auf Herz-Kreislaufereignisse wie beispielsweise Herzinfarkte oder Schlaganfälle zurückzuführen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer ganzheitlichen Betreuung, die nicht nur die Leber, sondern auch das kardiovaskuläre Risiko im Blick behält.
Daneben entwickelt ein Teil der Betroffenen eine schwerwiegende Lebererkrankung mit Leberzirrhose oder Leberzellkrebs. Der Anteil der Patient:innen, die eine schwere Erkrankung entwickeln, ist insgesamt gering, steigt jedoch mit der Erkrankungsdauer sowie bei Vorliegen einer zusätzlichen Entzündung der steatotischen Leber (MASH) deutlich an. Durch die insgesamt sehr hohe Anzahl an Betroffenen auf der ganzen Welt wird die Stoffwechsel-bedingte steatotische Lebererkrankung in den kommenden Jahren zur Hauptindikation für Lebertransplantationen werden.
Ausblick und Forschung
Die Forschung zu MASLD entwickelt sich rasant weiter. Neben Resmetirom befinden sich zahlreiche weitere Medikamente in der klinischen Entwicklung. Auch nicht-invasive Diagnoseverfahren werden kontinuierlich verbessert, um Leberbiopsien in Zukunft noch seltener notwendig zu machen.
Ein wichtiger Fokus liegt auf der Früherkennung und Prävention. Durch bessere Screening-Programme und Aufklärung sollen Betroffene früher identifiziert und behandelt werden, bevor schwerwiegende Komplikationen auftreten.
Für Patient:innen in der Schweiz besteht die Möglichkeit, an klinischen Studien teilzunehmen. Dies sollte zusammen mit einem Leberzentrum geprüft und durchgeführt werden. SwissHepa unterstützt Betroffene dabei, Informationen über aktuelle Studien und Behandlungsmöglichkeiten zu erhalten.
Fettleber (NASH / MAFLD): Interview mit Dr. med. Naomi Franziska Lange
«Weshalb die Umbenennung von NAFLD zu MAFLD?» Dr. Lange nimmt uns mit auf die spannende Reise der Entdeckung, Entwicklung und den neuen Erkenntnissen über die Fettlebererkrankung. Sympathisch und patientennah erklärt…
Fettleber (NASH / MAFLD): Referat von Dr. med. Naomi Franziska Lange
«Was ist eine Fettleber?» Gewissenhaft macht uns Dr. Lange auf die Unterschiede bei einer Fettlebererkrankung und die heutigen Erkenntnisse der Forschung aufmerksam. Umsichtig klärt sie uns über die Ursachen, Bedeutung,…
Fettleber (NASH / MAFLD): Interview mit Patient Heinz:
«Was bedeutet für dich eine Fettleber zu haben?» Nach jahrelangen unspezifischen Symptomen wurde bei Heinz mitunter eine Fettleber diagnostiziert. Wie man trotz Zirrhose und den dazugehörenden Problemen doch ein bewusstes,…
Online-Umfrage zu Fettlebererkrankung (MAFLD/NASH)
Wir arbeiten täglich daran, die Lebensqualität von Patienten weltweit zu verbessern. Der tägliche Gebrauch von Injektionshilfen muss intuitiv und einfach anwendbar sein. Ganz wichtig – möglichst zu Hause!
Wir verfolgen einen menschenzentrierten Gestaltungsprozess, weshalb uns Ihre Meinung am Herzen liegt – damit in Zukunft die besten Behandlungsmethoden ermöglicht werden.